Im Jahr 2023 feiert Wien „150 Jahre Wiener Weltausstellung“. Ein Jubiläum, das ganz im Zeichen eines besonderen Spirits steht: Wien hat sich rund um 1873 neu erfunden. Kein anderes Großereignis hat die Entwicklung Wiens hin zu einer Weltmetropole stärker geprägt. Und heute steht die Stadt unter ähnlichen Vorzeichen. Seit den 2000ern entwickelt sich Wien mit einer Rasanz wie damals. Deshalb feiert Wien 2023 seine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft im Zeichen großer urbaner Visionen. Denn Wien hatte immer schon den Mut, die Zukunft neu zu erfinden.
Warum die Zeit rund um 1873 für Wien auch heute noch von höchster Bedeutung ist? In diesen Jahren wurde Wien zur Weltstadt. Und damals wurden Pflöcke eingeschlagen, die für Wiens hohe Lebensqualität heute noch maßgeblich sind. Die I. Wiener Hochquellenleitung mit ihrem kristallklaren Quellwasser entstand. Neue Bahnhöfe und Bahntrassen machten Wien schlagartig zur mitteleuropäischen Eisenbahndrehscheibe. Zudem bedeutete die Weltausstellung die Geburtsstunde des modernen Städtetourismus. Eine Vielzahl an Hotels wie das legendäre Hotel Imperial entstanden, aber auch Kaffeehaus-Institutionen wie das Café Landtmann. Zudem war es die Gründungsphase vieler Museen und Sammlungen, die heute weltbekannt sind. Etwa das Museum für angewandte Kunst (MAK), aber auch die ersten Modelle für das Kunsthistorische Museum Wien (KHM) wurden auf der Weltausstellung präsentiert. Und mit der Rettung des Wienerwaldes vor der Abholzung gab es vor den Toren Wiens die erste Umweltkampagne Österreichs. Alle Zeichen standen auf Aufbruch.
Urbane Sternstunden für Wien
Denn die Zeit rund um 1873 war eine Sternstunde der Intellektualität, des Geistes und der Bildung. In dieser historischen Phase hat sich Wien auf städtebaulicher und geistiger Ebene eine neue Identität verliehen. Die Ringstraße nahm Gestalt an. Der Weg Wiens hin zu einer bedeutenden Metropole des Industriezeitalters wurde geebnet. Wien war damals die viertgrößte Stadt der Welt. Die Weltausstellung markierte einen Höhepunkt der städtischen Entwicklung. Davon profitiert Wien heute noch.
Wien boomt wie damals
Genau 150 Jahre später steht Wien unter ähnlichen Vorzeichen. Wien boomt seit den 2000ern und entwickelt sich mit ähnlicher Rasanz wie zuletzt zur Zeit der Weltausstellung. Wiens Hotellerie befindet sich in einer Blütephase. Alle wichtigen Bahnhöfe wurden in den 2010ern erneuert. Wien ist heute der wichtigste Nachtzug-Hub des Kontinents, was eine umweltfreundliche An- und Abreise einfach macht. Aber auch Wiens U-Bahn-Netz wächst und wächst. Im Wien des dritten Jahrtausends wird in Zukunftskategorien gedacht: Mit der Seestadt Aspern befindet sich in Wien eines der größten Stadtentwicklungsgebiete Europas. Wien hat eine führende Rolle im Bereich Kongresse und Meetings aller Art, insbesondere im medizinischen Bereich. Ganz zu schweigen vom Bildungsstandort und der Universitätsstadt Wien. Aber auch im Life-Sciences-Sektor ist Wien heute herausragend. Und vor allem glänzt Wien in seiner prominentesten Rolle als Hotspot für Kunst, Kultur, Musik und Events. 2023 wird deutlich: Wien schreitet in großen Zügen voran und begeistert Besucher:innen aus aller Welt. Denn die jüngsten Entwicklungen sind von maximaler Bedeutung für die Zukunft der Stadt. Was im Wien von heute passiert, wird auch in 150 Jahren noch von großer Relevanz sein. All das wird 2023 groß gefeiert. Und es gibt jede Menge Gründe nach Wien zu kommen, um sich vom Geist der Weltausstellung 1873 und vom zeitgenössischen Wien inspirieren zu lassen.
Ganz Wien im Zeichen der Weltausstellung
Ein erster Höhepunkt steht im Frühjahr 2023 im Wiener Prater am Programm: Mit „Panorama Vienna“ eröffnet eine neue Ausstellungsstätte der besonderen Art, die eine Reminiszenz an die legendäre Rotunde ist. Die Rotunde war das bauliche Symbol der Weltausstellung und zu ihrer Zeit der größte Kuppelbau der Welt, die jedoch 1937 durch einen Brand zerstört wurde. Das Ausstellungsgebäude von „Panorama Vienna“ wird 34 Meter hoch, und im Inneren werden Kunst und Bilder gezeigt, die man in ihrer Größe und Dimension nur als Panorama erleben kann.
Auch in Wiens Museen ist das runde Jubiläum ein großes Thema: Das Technische Museum Wien (TMW) wartet mit der Sonderausstellung „Women At Work. 150 Jahre Frauenpavillon der Wiener Weltausstellung“ (2. Mai bis Ende Juni 2023) auf. Auch im Weltmuseum Wien, wo seit jeher ein eigener Raum der Weltausstellung von 1873 gewidmet ist, wird es ein eigenes Programm zur Weltausstellung geben. Das Museum für angewandte Kunst (MAK) hat pünktlich zum 150. Jubiläum gleich zwei Ausstellungen im Programm, die Bezug zu 1873 nehmen: Zum einen wird es um den Trend zur Orientalistik gehen, den die Wiener Weltausstellung auslöste. Zum anderen feiert das MAK mit einer eigenen Ausstellung über J. & L. Lobmeyr eines der traditionsreichsten Wiener Unternehmen. Der renommierte Kristallglas-Hersteller war 1873 Teil der Weltausstellung. Gleichzeitig begeht Lobmeyr 2023 das 200. Firmenjubiläum. Ganz generell steht 2023 im Zeichen besonderen Kunsthandwerks und Designs aus Wien.
Erlesenes Kunsthandwerk und Design
So waren auch die Juweliere A. E. Köchert 1873 Teil der Weltausstellung. Das Unternehmen erlangte vor allem durch die Anfertigung der Sternjuwelen, die Kaiserin Sisi im Haar trug, internationale Bekanntheit. A. E. Köchert bieten ihr edles Sortiment heute noch in jenem historischen Geschäftslokal am Neuen Markt an, in welches das 1814 gegründete Unternehmen anlässlich der Weltausstellung 1873 zog. Aber auch der international renommierte Wiener Maßschuh-Hersteller Scheer nahm an der Weltausstellung teil und ist heute noch erfolgreich. Genauso wie der Klavierhersteller Bösendorfer, der Luxusuhrenhersteller Carl Suchy und die Silberschmiede Jarosinski & Vaugoin. Kunsthandwerk und Design sind nur ein Bereich von vielen, in denen die Weltausstellung sichtbare Spuren hinterlassen hat.

Blütephase der Hotellerie und Musik
Im Bereich der Hotellerie sorgte die Weltausstellung 1873 für eine nie dagewesene Aufbruchsstimmung. Das legendäre Hotel Imperial eröffnete 1873 seine Pforten. Genauso wie das Palais Hansen Kempinski am Schottenring, das seit zehn Jahren wieder als Hotel genutzt wird. Die Zeit um 1873 gilt als die Geburtsstunde des Städtetourismus moderner Prägung. Auch das feiert Wien 2023 und blickt hinter die Kulissen dieser besonderen Häuser. Gemäß dem Motto „Vision und Aufbruch“ steht 2023 auch der heutige Boom in Wiens Hotellerie im Fokus. Spannende neue Hotelprojekte zeigen, wie die Zukunft der Hotellerie aussieht. Und was wäre Wien ohne Musik? Die Strauss-Dynastie spielte in Form von Johann Strauss Sohn im Rahmen der Weltausstellung eine wichtige musikalische Rolle. Nicht nur, dass auf der Weltausstellung und in Etablissements wie dem Casino Zögernitz groß aufgespielt wurde. Johann Strauss schrieb Anlasskompositionen wie die „Rotunde Quadrille“. Im Jubiläumsjahr 2023 eröffnet mit dem „House of Strauss“ im historischen Casino Zögernitz ein besonderer neuer Wiener Musikort. Hier warten ein der Strauss-Dynastie gewidmetes Museum, Konzerte und Events sowie eine Brasserie.
Kulinarik von Weltklasse
Auch Wiens Kulinarik rückt 2023 in den Mittelpunkt. Das Café Landtmann, eines der bekanntesten Wiener Ringstraßencafés, begeht ebenso den 150. Geburtstag. Genuss im Zeichen der Weltausstellung bereitet der K.u.K. Hofzuckerbäcker Gerstner, der 1873 das kaiserliche Catering auf der Weltausstellung verantwortete und heute noch für kulinarische Höhepunkte sorgt. Doch insbesondere verlieh die Weltausstellung der Wiener Gastronomie eine gehörige Portion Internationalität. Das ist auch heute so. „Vision und Aufbruch“ feiert daher Wiens zeitgenössische Kulinarik und blickt in die besten Restaurants mit den unterschiedlichsten Weltküchen, von Italienisch bis Japanisch.
Österreichisch-Japanische Freundschaft
Apropos Japan: Für kein anderes Land war die Wiener Weltausstellung von größerer Bedeutung. Denn in Wien präsentierte sich Japan erstmals in großem Stil der Welt. Warum? Weil das Land kurz zuvor seine geopolitische Strategie änderte und sich der Welt öffnete. Die Wiener Weltausstellung war der Auftakt zur Industrialisierung Japans. Daher steht „Vision und Aufbruch“ auch im Zeichen des japanischen Wien. Von japanischen Gärten über die japanische Küche bis hin zu besonderen Orten wie dem Weltmuseum Wien, wo fantastische Weltausstellungsobjekte mit Japan-Bezug warten. Diese besondere Beziehung führte zu manchem längst vergessenen Kuriosum: Im Rahmen der Weltausstellung präsentierte Japan der westlichen Welt erstmals die Sojabohne. Wien war 1873 die Drehscheibe, die Soja in aller Welt verbreitete. Erste Anbauversuche fanden ausgerechnet im Gartenpalais Schönborn statt, wo sich heute das Volkskundemuseum Wien befindet. 2023 warten hier besondere Aktivitäten rund um die Sojabohne.
Meeting Destination seit 1873
Auch für die Meetig Destination Vienna spielen 2023 die Weltausstellung, aber auch Soja eine wichtige Rolle. Als eine der führenden Kongress- und Meeting-Städte findet von 18. bis 23. Juni 2023 der Internationale Kongress der Sojabohne im Austria Center Vienna (ACV) statt. Auch die Messe Wien, einer der wichtigsten Orte der Meeting Destination Vienna, steht in direktem Zusammenhang mit der Weltausstellung 1873. Sie befindet sich genau dort, wo sich einst das Weltausstellungsgelände befand. Dieses Areal, wo mit dem Campus der Wirtschaftsuniversität Wien und dem Viertel Zwei zwei architektonisch herausragende neue Viertel entstanden sind, wird vor den Vorhang geholt. Die Wiener Weltausstellung 1873 war die erste Weltausstellung mit umfangreichem Kongressprogramm. Bereits damals war Wien hinsichtlich medizinscher Kongresse federführend.

Die Erfindung der Lebensqualität
Und vor allem gilt es 2023 das berühmte Wiener Wasser zu zelebrieren. Denn am 24. Oktober 1873 ging die I. Wiener Hochquellenleitung in Betrieb und versorgt Wien seitdem mit kristallklarem Quellwasser aus den Alpen. Eine nachhaltige Investition, die für eine Millionenstadt eine Besonderheit darstellt und sehr viel zur hohen Lebensqualität in Wien beiträgt. 2022 wurde Wien vom britischen Economist Magazin bereits zum dritten Mal zur Stadt mit der weltweit höchsten Lebensqualität gekürt. Nicht nur mit der Hochquellenleitung wurde damals weit in die Zukunft gedacht. In den frühen 1870ern wollten Spekulant:innen große Teile des Wienerwaldes gewinnbringend abholzen. Dazu kam es nicht, weil die erste medial gespielte Umweltkampagne in Österreich das Vorhaben verhinderte. Der Wienerwald wurde gerettet und ist heute eines der wichtigsten Naherholungsgebiete für Wien. Mit einem Grünanteil von rund 50 Prozent gilt Wien als eine der grünsten Millionenstädte überhaupt. Auch das ist ein Grund um 2023 Wiens Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft im Zeichen großer urbaner Visionen zu feiern.
Zahlen, Daten, Fakten zur Wiener Weltausstellung 1873
- 53.000 Aussteller:innen
- 1. Mai: Eröffnet wurde die Weltausstellung mit Anfang Mai und dauerte bis 2. November 1873
- 35 teilnehmende Länder
- 194 Pavillons in verschiedenen Landesstilen
- 40 Tagesmärsche hätte es gebraucht, um sämtliche Pavillons zu besichtigen
- 108 Meter: So groß war der Durchmesser der Kuppel der Rotunde – damals der größte Kuppelbau der Welt.
- 8.000 Quadratmeter betrug die Ausstellungsfläche in der Rotunde
- 800 Meter: So lang war die Maschinenhalle, die sich quer durch das Ausstellungsgelände zog und 40.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche bot.
- 16 Fachkongresse: Teil der Weltausstellung war auch ein umfangreiches Kongressprogramm u. a. im medizinischen Bereich
- 25.572 Medaillen wurden in unterschiedlichen Kategorien vergeben:
- 8.687 „dem Verdienste“ gewidmet
- 2.929 Fortschrittsmedaillen
- 2.162 Medaillen für Mitarbeiter:innen
- 977 für Kunst
- 310 für guten Geschmack
- 116.342 Quadratmeter: Soviel überbaute Fläche war in Summe den Themen Industrie, Landwirtschaft und Kultur gewidmet. Die Ausstellung unterteilte sich in 26 Gruppen und 174 Sektionen
- 5.000 Arbeiter:innen waren an der Errichtung der Gebäude beteiligt
- 14,8 Millionen Gulden Defizit: Die Weltausstellung war kein wirtschaftlicher Erfolg, beflügelte aber die Entwicklung Wiens wie kein anderes Großereignis. Statt 15 Millionen Besucher:innen kamen 7,25 Millionen. Grund war ein Cholera-Ausbruch mit 3.000 Toten