WIEN IN GOLD I

Wiener Kunsthandwerk – Die Tradition der Vergolder.


Eine glänzende Tradition lebt weiter

Wien ist weltberühmt für seine kaiserliche Vergangenheit, barocke Architektur und kunstvoll ausgestatteten Prachtbauten. Doch hinter dem sichtbaren Glanz steht oft ein unsichtbares Handwerk: die Kunst des Vergoldens. Seit Jahrhunderten veredeln Wiener Vergolder Altäre, Bilderrahmen, Möbel, Skulpturen und ganze Innenräume mit hauchdünnem Blattgold – und lassen dabei nicht nur Oberflächen, sondern ganze Epochen erstrahlen.

Was genau macht ein Vergolder?

Vergolder:innen tragen hauchfeines Blattgold oder Metallblätter auf Holz, Gips oder Metall auf. Besonders gefragt ist die Technik der Leim- und Ölvergoldung, bei der das Gold in feinste Ornamente, Reliefs oder Fassungen eingearbeitet wird. Hier ist nicht nur Präzision gefragt, sondern auch das Gespür für historische Materialien und Stile. Jeder Handgriff erfordert jahrzehntelang erlernte Erfahrung – und ein bisschen Magie.

Goldrausch im Barock und Rokoko

Die Hochblüte der Wiener Vergolderkunst lag im 17. und 18. Jahrhundert, in den Glanzzeiten des Barock und Rokoko. Gold war das Symbol für göttliche Ordnung, Macht und Pracht – und daher in Kirchen, Palästen und Prunksälen unverzichtbar. Ob Hofburg, Schönbrunn oder Belvedere – überall dort, wo heute Touristen staunend fotografieren, waren einst Vergoldermeister mit feinstem Werkzeug am Werk.


Goldrahmen für die Kunst des Bürgertums

Im 19. Jahrhundert verlagerte sich die goldene Kunst zunehmend in die Hände bürgerlicher Sammler. Bilderrahmen wurden zum Must-Have in jedem Salon. Wiener Rahmenmacher entwickelten ihre eigene, teils verspielte, teils elegante Handschrift – beeinflusst vom Wiener Jugendstil.

Vom Aussterben bedroht – und neu entdeckt

Wie so viele Handwerkskünste litt auch das Vergoldergewerbe unter der Industrialisierung. Billige Massenprodukte ersetzten kunstvolle Einzelstücke. Viele Betriebe mussten schließen – nur einige Familienwerkstätten überlebten, oft im Verborgenen. Doch seit einigen Jahren erlebt das Handwerk eine Renaissance. Heute zählt die Vergolderkunst in Österreich offiziell zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Die Meister von heute

In Wien halten nur noch wenige, aber leidenschaftliche Betriebe die Tradition hoch – darunter:
– Atelier Gollob im 7. Bezirk
– Rahmenwerkstatt Pfeffer nahe dem Naschmarkt
– Vergoldermeister Hermann Hofer, spezialisiert auf Restaurierungen von Burgtheater und Stephansdom



Moderne Vergoldung in der Stadt: Die goldene Kugel von Spittelau

Ein ganz besonderes Beispiel für eine zeitgenössische Form der Vergoldung in Wien findet sich nicht in einem Palast oder Museum, sondern auf einem Industrieschlot: der goldenen Kugel der Müllverbrennungsanlage Spittelau.

Diese auffällige Kugel wurde im Zuge der künstlerischen Umgestaltung durch Friedensreich Hundertwasser gestaltet. Sie ist mit einer Technik versehen, die vergoldete Emailflächen oder vergoldetes Blech mit emaillierter Schutzschicht verwendet. Das Ergebnis ist eine wetterresistente, hochglänzende Oberfläche, deren Goldglanz weit über die Stadtgrenzen hinaus sichtbar ist.

Technisch basiert die Kugel auf einer leichten Metallstruktur, die mit Platten verkleidet wurde. Diese wurden mit Blattgold oder Goldpigment auf Email-Trägern überzogen und anschließend mit Lack oder Glasur versiegelt – ein perfektes Zusammenspiel von Kunst, Technik und Witterungsbeständigkeit.

Für Hundertwasser war Gold ein Symbol von Energie, Sonne und Menschlichkeit. Selbst auf einer Müllverbrennungsanlage sollte Schönheit ihren Platz finden. Die Kugel verkörpert damit mehr als Dekoration – sie ist ein urbanes Wahrzeichen, das moderne Vergolderkunst neu interpretiert.


Mehr als Dekoration: Ein Kulturerbe

Vergoldung ist nicht bloß Verzierung – sie ist eine Erzählung in Gold, eine Verbindung von Kunst, Handwerk und Identität. Ob in einem restaurierten Palais, im Rahmen eines Klimt-Gemäldes oder auf dem Schlot von Spittelau: Die Spuren der Vergolder führen direkt ins Herz der Wiener Kulturgeschichte.

Glänzend erhalten – goldwert bewahrt. Das ist das Motto derer, die in Wien noch heute mit Geduld, Können und einem Hauch Zauber die Welt ein wenig glänzender machen.


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